veröffentlicht im Oktober 2008
in der Fachzeitschrift für Autorinnen und Autoren „Federwelt“ Nr. 72

Alles (er-)zählt!
Geld verdienen mit eigenen Schreibkursen

Wenn ich heute auf die letzten 365 Tage zurückblicke, dann sehe ich ein inspirierendes, erfülltes und arbeitsreiches Jahr – das erste Jahr der WortWerkstatt SCHREIBundWEISE. „Glücklich sind die, die ihre Berufung zum Beruf machen.“ – Ich bin glücklich … und manchmal auch müde!

Vom Schreiben und vom Lesen

Ich konnte schon schreiben und lesen, bevor ich zur Schule kam. Wer dafür verantwortlich ist, dass Buchstaben meine Sucht sind, kann ich nicht sagen. Mein Vater ist Künstler – Maler. Manchmal sagen wir: „Was er mit dem Pinsel auf die Leinwand malt, schreibe ich auf.“

Worte sind meine Passion! Ich schreibe, was mich berührt. Vieles berührt mich. Ich beobachte Stimmungen, Menschen, Orte, Farben, Geräusche. Alles wird umgesetzt: Ich sehe einen Mann mit einer Plastiktüte, und sofort entsteht eine Geschichte in meinem Kopf.

Früher lieh ich mir in der Bücherei nur dicke Bücher aus. Es ist eine schlimme Vorstellung für mich, nichts zum Lesen zu haben. Wenn ich auf den letzten Seiten bin, sorge ich für Nachschub. Ich bin ein Bücher-Junky!

Die Gelegenheit

Die Gelegenheit fiel nicht vom Himmel, sondern setzte sich aus vielerlei Dingen zusammen. Grundsteine legte ich, als ich Anfang der 90er begann, professionell zu schreiben. Ich besuchte Kurse und Seminare, wurde gefördert und gefordert. Veröffentlichungen, Lesungen, immer Schreiben – dies alles gehört zu meinem Weg. Ich habe auch einen „richtigen“ Beruf: Büroleiterin einer Anwaltskanzlei. Der machte mich finanziell unabhängig. Da lernte ich, Seminare zu halten. Die Rechtsanwaltskammer München kennt mich bis heute als Referentin von Fachseminaren. Literarisch geschrieben habe ich morgens um vier, bevor ich in die Kanzlei fuhr. Das ging gut. 2003 lernte ich meinen Mann kennen; 2006 kam unsere Tochter auf die Welt. Alles veränderte sich. Ich blieb gern zu Hause, nahm mir Zeit. Nach einem Jahr sehnte ich mich nach Abwechslung. Tagsüber wollte ich für meine Tochter da sein, abends arbeiten. Mein Mann sagte: „Mach doch was mit dem Schreiben!“

Der Literaturkeller

Nach einer erfolgreichen Lesung in der Alten Scheune kam Walter Kunz vom Stemmerhof auf mich zu. Er zeigte mir die Räume des Hofes und bot mir an, dort etwas „Literarisches“ aufzubauen. Besonders ein Raum hatte es mir angetan: der ehemalige Kartoffelkeller! Ein alter Gewölbekeller, bei dem der Putz von der Wand bröckelte. Man ließ mir freie Hand, und innerhalb kurzer Zeit entstand der Literaturkeller im Stemmerhof: frische Kalkfarbe, Bilder meines Vaters, Tische, Stühle, ein altes Stehpult. Ich wollte keine durchgestylte Lounge, sondern einen Ort mit Atmosphäre, an dem Literatur stattfinden kann.

Das Konzept

Bei der Konzeption meiner Kurse griff ich auf meine Erfahrungen als Seminarleiterin zurück. Die zeitliche und inhaltliche Strukturierung der Schreibkurse fiel mir daher nicht schwer. Wichtig ist, die Zeit richtig einzuteilen. Man sollte nicht zu früh fertig sein, aber auch nicht überziehen, weil die Konzentration der Teilnehmerinnen und Teilnehmer nachlässt. Sich gut vorzubereiten ist also unerlässlich. Es ist mein Anspruch, den TeilnehmerInnen inhaltlich etwas zu bieten. Beispiele aus der Literatur, Schreibübungen und Textgespräche – die Mischung macht's! Dass man sich immer auf dem aktuellen Stand halten muss, ist selbstverständlich. Hierzu gehört, dass ich meist vier bis sechs Bücher im Monat lese, außerdem Literaturbeilagen, die Federwelt und vieles mehr. Ein Kurs dauert 6 Abende zu je 2 (vollen) Stunden (von 20 bis 22 Uhr).

Ich biete einen Einsteigerkurs an, darauf aufbauend Fortgeschrittenenkurse. Wichtig ist mir, dass die Kurse nicht zu teuer sind. Viele sollen die Möglichkeit haben, mitzumachen und auch Aufbaukurse zu besuchen, denn Schreiben ist ein langfristiger Prozess.

Der Einsteigerkurs kostet 89 Euro, der Fortgeschrittenenkurs 109 Euro. Diese Preisgestaltung hat sich bewährt. Viele TeilnehmerInnen buchen bereits den dritten und vierten Schreibkurs. Für Herbst 2008 bin ich quasi ausgebucht bei einer Teilnehmerzahl von maximal zwölf Personen je Kurs. 2009 werde ich die Gebühren ein wenig erhöhen, denn auch meine Ausgaben steigen (Flyer, Raummiete etc.).

Mein Mann und die Website

Ohne Website geht heutzutage nichts mehr. Dass mein Mann hier ein wahres Genie ist, rettet meine finanzielle Kalkulation. Wir haben alles selbst gemacht: Ich lieferte die Inhalte, Jürgen packte sie in ein ansprechendes Webdesign.

Da meine Website mein „Büro“ und mein „Fenster in die Welt“ ist, muss sie mich und mein Angebot entsprechend darstellen: professionell und sympathisch, übersichtlich und informativ. Wer möchte, sollte sich sofort online anmelden können. Dass man nach einer Anmeldung automatisch eine Bestätigung samt allen Informationen und Daten erhält, versteht sich von selbst. Aber programmieren Sie das mal!

Das Ergebnis: www.SCHREIBundWEISE.de

Werbung und wieder mein Mann

Weil eine Website allein noch nicht ausreicht, müssen Flyer her. Diese Flyer müssen sich durchsetzen gegen all die gelben, roten und grünen Blättchen, müssen derart gestaltet sein, dass sie angenehm auffallen und aus der Masse herausragen. Als Slogan und Blickfang entschied ich mich für eine Frage:

Heute schon geschrieben?

Eine gute Wahl, wie sich gezeigt hat, denn meine Flyer werden beachtet. Auch die Flyer, Plakate und Schreibblöcke werden von mir und meinem Mann erstellt; den Druck übernimmt eine günstige Druckerei. Das zeitaufwändige Verteilen der Flyer ist dann wieder meine Aufgabe. Die Orte müssen gut gewählt sein.

(Finanzieller) Aufwand und Gewinn

Vorab sei angemerkt, dass mein Konzept nur als „Ganzes“ funktioniert. Nur die Kombination aus Veröffentlichungen, Lesungen, Schreibkursen, Einzelcoaching, Privataufträgen, Pressetexten etc. bringt die Summe der Einkünfte. Alle Aktivitäten unterstützen sich dabei gegenseitig. Kursteilnehmer kommen in Lesungen, Lesungen bringen neue Kursteilnehmer, diese buchen ein Einzelcoaching für ihre Projekte usw. Nachfolgend einige Zahlen:

Investitionen zu Beginn:

Vor dem ersten Kurs müssen einige Investitionen getätigt werden, um das Kursangebot bekannt zu machen:

mit Eigenleistung ohne Eigenleistung
gesamt 0 EUR 1.500-3.000 EUR
Design der Website
(ohne Webhosting)
0 EUR 1.000-2.000 EUR
Design von Flyern, Plakaten
(ohne Druck)
0 EUR 500-1.000 EUR

Dahinter steckt natürlich ein hoher Zeitaufwand, um Website, Flyer und Plakate zu erstellen. Selbst wenn man diese Aufgabe abgibt, muss man ein Grundgerüst an Informationen liefern, Stichwort Briefing, und die Inhalte zusammenstellen und passend aufbereiten.

Kalkulation eines Schreibkurses:

Exemplarisch hier die typischen Einnahmen und Ausgaben eines Schreibkurses meiner Wortwerkstatt:

Ausgaben Einnahmen
Summe 260 EUR Summe ... EUR
6x Raummiete 150 EUR Kursgebühren (je nach Kurs 89-109 EUR/ TeilnehmerIn) ... EUR
Unterrichtsmaterial (Block, Stifte …) 60 EUR
Bewirtung 20 EUR
Fahrtkosten 30 EUR

Demzufolge sind mindestens drei TeilnehmerInnen nötig, um die Kosten für den jeweiligen Kurs zu decken. Mit den Einnahmen, die darüber hinausgehen, müssen die laufenden (Fix–)Kosten und die Investitionen des Anfangs getilgt werden.

Laufende Kosten (pro Jahr):

Zusätzlich entstehen Fixkosten, die Jahr für Jahr anfallen:

Ausgaben Einnahmen
Summe - EUR Summe + EUR
Webhosting 200 EUR Lesungen (à 150-250 EUR) A EUR
Werbung drucken und verteilen 400 EUR Einzelcoaching (30 EUR/Stunde) B EUR
AfA* (Laptop und Software, Büroeinrichtung etc.) 500 EUR Auftragsarbeiten C EUR
Porto, Telefon, Büromaterial 1000 EUR Überschuss aus den Kursen D EUR
Fachliteratur X EUR
Buchführung Y EUR
Sonstiges Z EUR

* Absetzung für Abnutzung

In Bewegung bleiben

Ausruhen ist nicht erlaubt, wenn man als freie Autorin seinen Platz behaupten will. Neben meinem Schreibkursen habe ich noch einen regelmäßigen „Literaturtreff“ ins Leben gerufen:

Heute schon gelesen?

An jedem 1. Mittwoch im Monat findet im Café Kitchenette ein Literaturtreff statt.

Ich bereite jeweils ein aktuelles Buch vor, aus dem ich vorlese. Danach wird geredet, diskutiert, Kaffee getrunken: Literatur gelebt! Auch dies bedeutet, sich intensiv vorzubereiten. Kontaktfreude und Kommunikationsbereitschaft sind eine Grundvoraussetzung.

Inzwischen verfüge ich über ein literarisches Netzwerk. Die Sendlinger Buchhandlung von Sigrid Gatter unterstützt mich mit Buchtiteln, im Gegenzug stelle ich einen Büchertisch zur Verfügung. Ich arbeite mit Gastronomen zusammen und realisiere literarische Events mit Menü. Aufgrund meiner Ausbildung (9 Jahre Saxophon, 3 Jahre Gesang), verfüge ich über Kontakte zu Musikerinnen und Musikern. Literatur und Musik ergänzen und beflügeln sich.

Ich veranstalte als Autorin mit meinen Erzählungen Lesungen und Events, besuche Fortbildungen, schreibe Pressetexte und Texte für Webseiten, Broschüren und mehr. Mein Arbeitspensum ist umfassend, und oft endet ein Tag lange nach Mitternacht.

Alles zählt!

Ich rechne mein Einkommen nicht mit meinen tatsächlichen Arbeitstunden auf. Es ist der „gefühlte Reichtum“, der zählt. Es macht Freude, die Begeisterung für das Schreiben weiterzugeben und zu spüren, wie bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der „Funke überspringt“. Durch das Lesen, Redigieren und Vortragen entwickle auch ich mich weiter, lerne ständig dazu und werde motiviert. Wenn dabei am Ende ein finanzieller Gewinn herausspringt, der zwar nicht zu großen Sprüngen verhilft, aber mein Herz hüpfen lässt, bin ich glücklich!

Glücklich sind die, die ihre Berufung zum Beruf machen … und manchmal müde!

Diana Hillebrand

Cover der Federwelt Nr. 72

Dieser Artikel wurde im Oktober 2008 in der
Federwelt — Zeitschrift für Autorinnen und Autoren —“ veröffentlicht.

PDF Auszug der Federwelt Nr. 72, Seite 24-27 PDF Datei anzeigen

Zur Anzeige von PDF Icon wird der kostenlose Adobe Reader benötigt.